Wenn der Schriftsteller leer ausgeht: Mira Morton im Interview

Kommentar von Anonym_2014:
„Ist also die Gratismentalität an allem schuld? Die Erklärung greift zu
kurz, weil sie übersieht, dass Piraterie ein Geschäftsmodell ist. Eine
nicht geringe Zahl an Menschen verdient prächtig an der illegalen
Verwertungskette. Viele Uploader stellen etwa die Dokumente nicht
einfach in wohltätiger Robin-Hood-Manier ins Netz, sondern erhalten Geld
von den Hostern.

Weitere Profiteure sind die Werbetreibenden … die Finanzdienstleister … die Betreiber der Plattformen

Ein Entwurf für eine Änderung des Telemediengesetzes sieht vor, OCHs stärker als bisher für ihre Inhalte haften zu lassen.“
Quelle:
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/illegale-downloads-machen-dem-e-book-markt-sorgen-13499182.html?printPagedArticle=true

Kommentar von Leser:
Was finde ich aber auch ein Grund ist, ist das z.b. Frau Morton ihre Bücher nur bei amazon veröffentlicht und so denen den Zugang versperrt die keinen kindle besitzen.
Und da ist dann der Aufwand das amazon Format zu einem epub umzuwandeln (Grauzone) gleich mit dem direkt download (illegal, aber einfacher).

Kommentar von Anette_Halbestunde:
99 Cent für (hard) DRM freie eBooks, da bin ich dabei - aber bei Amazon weder das eine noch das andere.

Kommentar von Torsten:
Hier sind einige interessante Ansätze dabei - einige leider sehr ausgerichtet an der Idee, dass kreativ arbeitende Menschen doch irgendwann genug verdient haben müssen.

Die ins Spiel gebrachte Möglichkeit, eine Art Obergrenze für den mit der Rechteabtretung zu erzielenden Umsatz einzuführen, hat auf den ersten Blick einen gewissen Charme, würde in der Praxis aber zu einigen Fragen führen, wie etwa "Wer legt diese Summe fest? Für welche Arbeits- und Leistungsbedingungen gilt sie? Wer kontrolliert die Einhaltung dieser Grenzen? etc.’ Kurz: Die Lösung würde enormen Aufwand nach sich ziehen, der natürlich bezahlt werden müsste. Und ob Künstler, Verlage und Konsumenten die resultierenden Kontrollinstrumente dieser erforderlichen staatlichen Regelung so bereitwillig mit jedem Kauf vergüten würden, ist zumindest nicht zu erwarten.

Aber zum Kern des Vorschlags: Würde er dem geschilderten Vertrieb gestohlener Ware in irgendeiner Form schaden? Ich wage es zu bezweifeln, denn es schon jetzt sinkt ja generell die Bereitschaft, für kreative Leistungen mehr als die genannten 99-Cent-Almosen zu bezahlen (obwohl natürlich klar ist, dass von diesem Betrag wiederum nur ein Bruchteil beim jeweiligen Rechteinhaber landet). Insofern kann man von einer aus sozialen oder moralischen Gründen freiwillig geleisteten Zahlung bei Käufern wohl eher nicht ausgehen und der durchschnittliche Käufer wird dort kaufen, wo er das günstigste Angebot erhält und gleichzeitig die Möglichkeit strafrechtlicher Konsequenzen überschaubar gering sind.

Es ist vielmehr generell so, dass es (man sieht es an den zum Teil menschenverachtend selbstsüchtigen Argumenten, die in der Urheberrechtsdebatte ausgetauscht werden) einen nur sehr gering ausgeprägten Respekt vor immateriellen bzw. künstlerischen Leistungen gibt. Hier möchte man sehr gern das Neueste und Schönste konsumieren, ist aber nicht bereit, den Aufwand ähnlich wahrzunehmen wie es etwa im produzierenden Gewerbe der Fall ist. Wenn zugleich der Rechtsbruch entsprechend einfach ist und nahezu kaum Konsequenzen zu befürchten sind, die Gewichtung hin zu einer gewissen Kaltschnäuzigkeit und Rücksichtslosigkeit gegenüber den Urhebern verschiebt: Sollen die sich doch überlegen, wie sie Geld verdienen - ich möchte mein Buch, meine Musik, mein Bild kostenlos und im Idealfall sogar damit noch ungestraft Geld verdienen können.

Hier kann eigentlich nur ein konsequentes trockenlegen des Sumpfes helfen, um ein Bewusstsein für den Wert immaterieller Güter zu schaffen und gleichzeitig das Geld, das bisher kriminellen Anbietern zugespielt wird, wieder in Richtung Urheber und Vermarkter zu lenken.

Ebenso halte ich es für verfehlt, zu fordern, es müsse ein weiterer staatlicher Schutz anstelle des Urheberrechtes treten. Natürlich verhindert das Urheberrecht nicht, dass „die Werke der Schaffenden geschützt werden“ (sic!). Aber Scherz beiseite, es ist zu ahnen, was der Verfasser meint: In der Tat schützt das Urheberrecht die Rechte an der Werknutzung. Das sagt es glücklicherweise sogar für die Betroffenen ziemlich eindeutig und in verständlichem Deutsch formuliert ist. Diesen Schutz nun aufzugeben, um sich auf einen anderen staatlichen Schutz, also wohl auf bereits existierende straf- und zivilrechtliche Vorschriften, zu stützen, würde in meinen Augen einerseits zu einer Verkomplizierung führen und andererseits einigen Verfolgungsmöglichkeiten die Grundlage entziehen. Wo kein Nutzungsrecht mehr definiert ist, kann die Verletzung dieses Rechtes auch nicht mehr verfolgt werden. Also eher ein Vorschlag, der deutlich den „Ich klau, weil ich es kann“-Kunden und den kriminellen Anbietern in die Hände spielt, das Problem aber nicht löst.

Kein Argument kann auch eine Entkriminalisierung über eine Leistungsverlagerung in der Art, erst ein Produkt nutzen zu wollen, es danach zu beurteilen und schließlich gnädigerweise zu bezahlen, wenn „man es gut findet“. Das ist nichts als die freundlich mit einer Alibi-Kaufabsicht übertünchte Variante von „Ich will umsonst“.
Im richtigen Leben funktioniert es doch auch: Wer haben will, muss Geld auf den Tisch legen.

Machen wir uns nichts vor: Man muss kein Buch oder Album komplett herunterladen, um sich über die unterschiedlichen Vorschaumöglichkeiten ein Bild zu machen. Wenns dann doch nicht gefällt, ist man auf Kulanz angewiesen oder hat Pech gehabt.

Aber würde das nicht den illegalen Anbietern schaden? Nicht wirklich, denn ihr Geschäftsmodell funktioniert ja weiterhin - die Zahlungen, sollte sie jemals erfolgen, würden wiederum nicht den Urheber erreichen.

Entsprechend kann auch nicht festgelegt werden, dass ein Schaden nur dann eintritt, es also nur dann kriminell ist, wenn der Dieb über eine ausreichende Kontendeckung verfügt. Dieses Argument aus Verursachersicht klingt sehr nach dem Ruf des Ertappten: „Ich bin ja kein Dieb, ich hätte das Buch ja sowieso nicht gekauft. Jetzt hab ich aber doch gelesen.“ Wovon man nie hört, ist, dass ein solcher „unabsichtlicher Nutzer ohne Kaufabsicht“ dem Urheber nachträglich den Kaufpreis überwiesen hätte. Hier läuft diese etwas seltsame Vorstellung mit dem zuvor genannten Nutzungsargument zusammen. Beide sind letztlich Lippenbekenntnisse.

Der Schaden entsteht, wenn ein immaterielles Produkt illegal weiterverbreitet und damit dem offiziellen Verkauf (und vermutlich auch der Steuer) entzogen wird. Die illegal erreichten Downloadzahlen sind technisch durchaus mit Verkäufen gleichzusetzen (in welchem Umfang ist hier erst einmal egal). Dabei ist klar, dass der Anbieter eines solchen gestohlen Produktes als Hehler auftritt und entsprechend intensiv belangt werden müsste. Das wäre sicherlich schon unter steuerlichen Aspekten interessant. Doch auch der Käufer, der das Produkt illegal erworben hat, ist natürlich Teil des Systems. Dabei ist es ganz egal, ob er dieses Produkt auch dann gekauft hätte, wenn er es regulär hätte vergüten müssen. Er wollte es haben und hat es vermutlich wissentlich als Diebesgut erworben. Damit sollte er, ebenso wie auch der illegale Anbieter, rechtlich verantwortlich sein.

Ich nutze hier absichtlich einfache Begriffe wie Dieb, kriminell, Hehler etc., weil ich sie für ausreichend plastisch halte. Sie decken nicht unbedingt den juristisch korrekten Kontext ab, vermitteln aber deutlicher, was gesagt werden soll. Ein Dieb vermittelt dem Leser einen besseren Eindruck als ein diffuser Rechteverletzter; letztlich reden wir hier ja von nichts anderem als Kriminellen im Wohnzimmer.

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