Nach der Schließung von LuL.to: Selbstpublisher erstatten Strafanzeige gegen die Nutzer

Kommentar von Takeshi Kovacz am 13.07.2017 06:23:
Sehr erfrischend, ausnahmsweise einmal gemäßigte und konstruktive Beiträge von Autorenseite zu lesen, wenn auch in diesem Fall nicht von einem unmittelbar Betroffenen.

Ich sehe das ähnlich: hier ist jetzt eine Gelegenheit, das Geschäftsmodell Ebook zu überdenken. Auch wenn einem Vergleiche mit der Musikindustrie hier immer wieder als „nicht vergleichbar“ um die Ohren gehauen werden: auch hier hat die Piraterie schlußendlich zu neuen Modellen geführt.

Bei aller berechtigten Wut und Ärger der Autoren, die Verhältnismäßigkeit sollte doch gewahrt bleiben. Durch die angedrohte „Abmahnwelle“ werden sich keine nachhaltigen Einkünfte generieren lassen. Gut möglich, dass sich viele ganz vom Ebook abwenden.

Kommentar von Interessiert … am 13.07.2017 06:51:
Vorab: ich bin weder „Donwnloader“, noch „Uploader“, noch „Autor“.

Die Diskussion finde ich allerdings in rechtlicher Hinsicht interessant.

Vielleicht sollte deutlicher zwischen der strafrechtlichen Komponente „Anzeige“ und der zivilrechtlichen Komponente „Abmahnung“ unterschieden werden.

Anzeigen kann erstmal jeder jeden wegem allem. Ob etwas (Verurteilung oder Strafbefehl) dabei rauskommt, bleibt regelmäßig abzuwarten (ein Strafverfahren wird in erster Linie, mit mehr oder weniger Enthusiasmus, von der zuständigen Staatsanwaltschaft betrieben).

Eine (zivilrechtliche) Abmahnung hingegen wird vom Rechtsinhaber (hier: Autor) gegen den vorgeblichen Rechteverletzer (hier: Downloader) betrieben.

Inwieweit eine Abmahnung gegen „Downloader“ erfolgreich ist (vgl. die diversen bereits aufgeführten Argumente) wird sich zeigen.

Ist sie aber nicht erfolgreich, bleibt der Abmahner aber auf den Kosten sitzen.

Das mag im Einzelfall noch finanziell tragbar sein. Bei mehreren „erfolglosen“ Abmahnungen können sich die Kosten aber ganz schön summieren (zumal nach der dritten Abmahnung wohl jede Rechtsschutzversicherung einen evtl. bestehenden Vertrag kündigen wird).

Richtig spannend wird es, wenn sich ein evtl. ebenfalls rechtsschutzversicherter „Downloader“ mit Händen und Füßen gegen die Abmahnung wehrt, das Verfahren streitig wird (d.h. vor Gericht geht) und er (zumindest teilweise) obsiegt.

Der Abmahner hat dann die (anteiligen) Kosten zu tragen (der Verlierer zahlt). Das kann sich, vor allem wenn Gutachten erforderlich waren, richtig summieren. Passiert das mehrmals (es soll ja nicht nur ein „Downloader“ angegriffen werden, sondern viele davon), kann m.E. die finanzielle Existenz des Abmahners bedroht sein (Große Verlage werden wohl eine entsprechend große „Kriegskasse“ haben, Self-Publisher wohl eher weniger).

Abmahnungen lohnen sich für den Abmahner in erster Linie dann, wenn eine große Zahl standardisierte Schreiben versandt werden und etliche der Abgemahnten die beigefügte Unterlassungserklärung ohne großen Wiederstand unterschrieben und die Abmahnkosten überweisen,

Zieht aber jede Abmahnung einen zähen, teuren rechtlichen „Häuserkampf“ mit dem (rechtsschutzversicherten) Abgemahnten und dessen Anwalt nach sich, dann lohnt sich der Spass m.E. für den Abmahnanwalt nicht mehr (zumal der Gesetzgeber mittlerweile diverse „Brandmauern“ gegen übermotoviertes Abmahnen installiert hat).

Gleiches gilt, in Variationen, noch mehr bei zivilrechtlichen Schadenersatzklagen.

Daher m.E. :slight_smile: :

  • Ruhe bewahren, abwarten
  • ggf. (falls nervös) Rechtsschutz überprüfen / Rechtsschutz aufrüsten
  • falls Abmahnung/Klage kommt und Rechtsschutz besteht, sich möglichst massiv gegen die Abmahnungen/Klagen wehren (hierzu wird man allerdings als Laie wohl einen Anwalt benötigen, sonst kanns ins Auge gehen).

Kommentar von Katzenstreu am 13.07.2017 07:23:
Alle die hier Schnappatmung bekommen sollten mal den verlinkten Artikel durchlesen.
Da klingt das alles erheblich differenzierter.
Es entspricht ungefähr dem was andere und auch ich so vermutet haben.
Der Anwalt sagt ausdrücklich das er jeden Einzelfall prüfen will.
Vermutlich um zu vermeiden das seine Mandanten auf ihren Kosten sitzenbleiben.
Das heisst, das da nicht unmassen Leute abgemahnt werden sonden nur die wo er sich sehr sicher ist das er seine Forderungen auch belegen kann und Solvenz vermutet wird.
Die 150 Euro pro Abmahnung sind jetzt aus meiner Sicht nicht viel aber die Summe der Abmahnungen wird das Problem sein, da es eben viele Geschädigte gibt.
Die sollten sich aber dann wirklich selber einen suchen.
Das wurde allerdings alles hier schon angesprochen.

Kommentar von Takeshi Kovacz am 13.07.2017 07:44:
Allerdings sind Rechtsverstöße aus dem Bereich Urheberrecht für Privatpersonen bei den Rechtschutzversicherungen ausgeschlossen.

Kommentar von einervon36 says am 13.07.2017 08:39:
@eine Leserin
Das ist auch meine Devise. Damit kann man richtig gut Geld sparen.
Schmeckt mir das Essen im Restaurant nicht, zahle ich nicht dafür. Da ist es auch völlig latte, ob es sich um einen Dreisternekoch handelt. Sein Pech, wenn er meinen Geschmack nicht getroffen hat.
Gefällt mir der Haarschnitt nicht, den mir der Friseur gemacht, warum dafür zahlen?
Die Brötchen vom Bäcker an der Ecke waren früher besser, ich hol mir die zwar immer noch, weil der nächste Bäcker drei Straßen weiter ist, aber ich zahle dem natürlich nicht dafür. Der kann doch froh sein, wenn überhaupt jemand seine Brötchen haben will.

E-Book-Pirat: Aber das ist doch ein Unterschied. Digitale Inhalte sind doch was völlig anderes als Brötchen.

Stimmt. E-Books sind nur digitale Güter. Deshalb steckt überhaupt keine Arbeitsleistung drin. Die Romane schreiben sich von selbst. Besonders die von schlechten Autoren – also den Autoren, deren Bücher einem nicht gefallen und für die man dann natürlich nichts bezahlt.

Bei schlechten Büchern ist das auch so, dass die Lektoren und Cover-Designer ehrenamtlich arbeiten, weil sie Mitleid mit dem Autor haben.
Und genau dieser Autor sitzt jetzt zitternd vor Angst vor seinem PC, weil er weiß, jetzt werden ihm sogar die Leser wegbrechen, die noch nie für seine Bücher bezahlt haben und es auch niemals vor hatten.
Das ist eine Tragödie!

Kommentar von Interessiert am 13.07.2017 08:42:
Zumindest bei „neueren“ Verträgen kann man meines Wissens mittlerweile auch im Bereich „Urheberrecht für Privatpersonen“ zumindest die „Erstberatung“ bei einer Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzungen mit einschließen (teilweise wird die Vorformulierung des ersten Entgegnungsschreibens mit angeboten).

Vielleicht gibt es auch schon Versicherungsprodukte die noch weitergehenden Schutz anbieten (müsste man mal recherchieren). Weiß ich aber nicht.

In der Sache muss ich daher Takeshi (noch nochmaliger Überlegung) leider weitestgehend recht geben :frowning: … in nahezu allen Fällen dürfte der Deckungsschutz einer „normalen“ Rechtsschutzversicherung Urheberrechtsfälle NICHT umfassen …

Kommentar von Interessiert am 13.07.2017 08:45:
https://www.welt.de/finanzen/verbraucher/article124010766/Welche-Versicherung-schuetzt-vor-Online-Abmahnung.html

Kommentar von keindownloader am 13.07.2017 09:14:
Es wird bei der Ermittlung des Anschlussinhabers einer IP-Adresse schon deshalb schwierig, da diese Daten vom SP nach einer Woche gelöscht werden (müssen). Da bleibt eigentlich nur noch der Juni 2017. Alle Anmeldungen davor werden sich wohl kaum rückverfolgen lassen. Die Email-Adresse wird also der primäre Hebel sein. Allerdings konnte bei der lul-Anmeldung eine beliebige echte oder falsche Email-Adresse angegeben werden. Wie soll also eindeutig bewiesen werden, dass der wahre Inhaber einer Email-Adresse wirklich hinter dem lul-Konto steckt? Ein derartiger Anscheinsbeweis könnte wohl relativ leicht erschüttert werden. So einfach, wie sich manche Autoren die Bestrafung der 30.000 Downloader vorstellen, wird es wohl nicht werden, Vor allem, wenn diese sich vehement wehren.

Kommentar von Antonia am 13.07.2017 09:28:
Für das Versehen bitte ich um Entschuldigung, ich habe das tatsächlich missverstanden und noch als Antwort von Herrn Rechtsanwalt Winterling, nur eben hervorgehoben, angesehen, sorry also. Und lieben Dank an Lars für die Korrektur.

Kommentar von Autorin A am 13.07.2017 09:53:
Autoren sind es gewöhnt, dass es nicht einfach wird. Es werden auch nicht „alle 30 000“ wie hier immer wiederholt wird, erwischt werden. Aber viele davon.
Versucht doch selbst mal, ein bisschen realistisch zu bleiben.

Kommentar von Jason Borowski am 13.07.2017 12:11:
Selbst wenn die Zahl stimmt, dass kleine Autoren 30% Umsatzeinbussen haben durch Raubkopien, so heisst es nicht, dass durch diese 30% Schwarzleser nur Nachteile entstehen.

Es bedeutet mehr Aufmerksamkeit für den Autor, mehr Rezensionen seiner Bücher, mehr Empfehlungen an Freunde, mehr PR. Das wirken vielerlei Kräfte und es ist schon mehrfach bewiesen worden, dass gute Werke von so etwas profitieren, oder sogar den Durchbruch schaffen. Paul Coelho stellt seine Bücher ja auch frei zur Verfügung. Das sollte natürlich jedem Autor selbst überlassen sein.

Aber ich verstehe immer nicht diese Bornierheit. Einigen Autoren scheint es lieber zu sein, dass niemand sich je für sie interessiert als wenn ein paar Leute ihre Bücher schwarzlesen.

Kommentar von eine Leserin am 13.07.2017 12:37:
Wenn ich Essen gehen möchte und das Essen schmeckt grausam, lasse ich es tatsächlich zurückgehen. Und auch beim Friseur zahle ich sicher nicht den vollen Betrag, wenn er mir etwas Furchtbares auf der Rübe verpasst.
Es geht mir auch nicht um „schlechte“ Bücher sondern um Bücher, die nicht zu mir passen. Ich kaufe auch keine Schuhe, im denen ich mir Blasen laufe. Wenn ich die bestelle, retourniere ich sie. Bei Ebooks geht das eben nicht, deshalb war lul eine gute Möglichkeit für mich.
Ich habe nie behauptet, da stecke keine Arbeitsleistung drin, ich weiss, dass es viel Arbeit ist. Für mich ist aber eben nicht die Entscheidung „kaufe ich bei ebook.de oder bei lul?“ Sondern kaufe ich überhaupt oder nicht. Ich denke nicht, dass durch mich persönlich viel Schaden entstanden ist, sollte es doch so sein, tut es mir leid.
Allerdings hat lul für mich eher zu mehr regulären Buchkäufen geführt als vorher.

Kommentar von Noch.ein.Autor am 13.07.2017 13:12:
@Leserin … was mich jetzt etwas verblüfft ist zweierlei.

  1. gibt es auf den meisten Plattformen satte Leseproben jedes eBooks. Da kann man sich durchaus einen unverbindlichen Eindruck verschaffen, ob ein Buch den Preis von drei bis neun oder mehr Euro wert ist oder nicht.

  2. bekamen die Autoren exakt 0 Euro, nämlich nichts dafür, wenn du sie dir bei Lul.to besorgt hast. Das ist kein Kauf, sondern eine Urheberechtsverletzung. Man kann also hier kaum von „regulären Buchkäufen“ sprechen.

Damit bist du keine Kunden von uns, die einem von uns verloren geht. Warum sollen wir das weiter dulden? Ganz ehrlich, ich will nicht, dass Diebe sich ein paar schöne Stunden mit meinen Buchhelden machen.

Oder habe ich das jetzt falsch verstanden? Kann ja sein? Wolltest du sagen, du hast nur angetestet bei Lul?

Wenn das wirklich so war, teste doch künftig einfach ganz legal an, was als satte Leseprobe kostenlos und offiziell freigegeben ist. Dafür musst du nicht kriminell werden, das lohnt nicht. Und herzlich willkommen als legale Leserin, bei wem auch immer von uns.

Kommentar von Noch.ein.Autor am 13.07.2017 13:45:
Hübsche Drohgebärde :wink:

Läuft aber ins Nichts. Weil die Intention der Autoren eine ganz andere ist. Nein, keiner von uns zielt darauf ab mit Abmahnungen den Kontostand aufzubessern. Wir gehen sogar im Zweifelsfall ein Risiko ein, da wir in Vorlage treten.

Es spornt sehr an, wenn solche Drohungen kommen anstelle von Einsichtigkeit, eine harte Linie gegen Urheberechtsverletzungen vorzugehen. Ist also nicht besonders clever.

Gier? Wenn wir nicht mehr beklaut werden wollen? Und deshalb die Chance nutzen, den Spieß umzudrehen?

Halt, nicht mal das. Wir beklauen ja niemanden, sondern wehren uns nur im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten. Ob das hier bei den Hardlinern ankommt?

Kommentar von Takeshi Kovacz am 13.07.2017 13:47:
Was viele vielleicht nicht wissen: bei Amazon kann man Ebooks auch zurückgeben. Auf die schnelle hab ich allerdings die Fristen nicht parat. Da Amazon bekannterweise bei „notorischen Rücksendern“ auch schon mal Konten schließt, sollte man das aber auch nicht übertreiben.

Pikanterweise dürfte diese Möglichkeit auch von diversen Piraten genutzt werden/worden sein.

Kommentar von eine Leserin am 13.07.2017 13:53:
Ja, genau so meine ich das mit dem Antesten.
Das mit den Leseproben im Netz ist ja schon ok, aber „satt“ ist da meistens das falsche Wort dafür leider. Oft ist es nur das Vorwort und fünf Seiten, und das muss ich dann meist auch am Rechner lesen. Ich blättere einfach sehr gern das Buch mal durch :confused:
Ich werde das in Zukunft natürlich anders handhaben (zumal mir nicht bewusst war, dass bei lul die Autoren gar nichts abbekommen, auf der Seite war vermerkt, ein Teil des Geldes ginge als Spende an die Autoren)
Arbeit verdient Lohn, das ist mir bewusst. Selfpublisher habe ich meines Wissens nach auch gar nicht geladen bei lul, weil bei denen die Preisgestaltung für mich meist sehr fair scheint und die Mühe, die sie in die Ebooks investiert haben merkbar ist. Aber bei den großen Verlagen steht es dann schon zur Debatte, ob Formatierung, Bildeinbindung, Fußnoten und Silbentrennung etc im Ebook so gut sind, dass ich es dem fast gleichpreisigen „echten“ Buch vorziehen würde.
Regulär gekauft heißt für mich nicht bei lul geladen sondern im Buchgeschäft erworben. Und das sind die Bücher, die ich tatsächlich mit Freuden lese und mit denen ich mir schöne Stunden mache :slight_smile:

Kommentar von Noch.ein.Autor am 13.07.2017 14:02:
@Jason Borowski.

Die einzige Aussage, die ich unterschreibe: „das sollte jedem Autor überlassen werden.“

Richtig, will ich meine Bücher kostenlos bestimmten Lesern zur Verfügung stellen, tue ich das freiwillig. Zum Beispiel in Form von Leserunden oder Preisausschreiben. So geht PR!

Das Zauberwort heißt freiwillig!
Nicht „Tür auf, klaut mal schön.“

So nötig hat es keiner von uns, glaubs mir :wink:

Kommentar von Michael am 13.07.2017 14:10:
Von Aufmerksamkeit und Rezensionen kann aber niemand seine Miete bezahlen. Ich verstehe den Ärger der Autoren schon.
Aber auf der anderen Seite halte ich es für wenig zielführend, wenn illegale Leser systematisch in den finanziellen Ruin getrieben werden. Wem nützt das? (außer den Anwälten). Aber ja, das ist den geschädigten Autoren wahrscheinlich eher egal, nach dem Motto „selbst schuld“ (was ja auch richtig ist).

Kommentar von eine Leserin am 13.07.2017 14:31:
@Takeshi, das wusste ich gar nicht, weisst Du, ab wann man „notorischer Rücksender“ ist? Ich bin da immer ein bisschen paranoid…
Ich hae Amazon ohnehin bisher eigentlich gemieden, in letzter Zeit jedoch festgestellt, dass es da tatsächlich manchmal recht ausführliche Leseproben gibt, die man unproblematisch auch auf einem Reader lesen kann.

Kommentar von Ichbins am 13.07.2017 14:33:
Werden auch genug. Immerhin muss jeder der Anzeige erstattet, spätestens dann seine Identität offen legen, wenn die Anzeige getippt wird! Dann weiß auch der Angezeigte wer es war. Und davon werden dann genug verbreiten, wer ihn da angezeigt hat. Kann der Beklagte sogar seine Unschuld nachweisen …umso schlimmer für den Kläger,

Klar kann ich die Autoren (als Autor!) verstehen, dennoch sollte man immer bedenken das lul dummerweise recht seriös wirkte. Ich denke mal, dass die Sache am Ende mehr Schaden als Nutzen bringt, für die Autoren. Darum klage ich auch NICHT mit.

Und ich stimme „KalleSauermann“ zu … Aufklärung wäre besser als Verfolgung.