Meine Suche nach einem neuen VPN

Adguard VPN

Bei Adguard denken die meiste User wahrscheinlich an den Adblocker oder an die diversen DNS-Server, welche die Firma seit vielen Jahren betreibt. Seit letztem Jahr bietet Adguard jedoch auch einen VPN-Dienst an, den ich mir nun angesehen habe. Die Firma selbst wurde 2009 in Russland gegründet, seit 2014 ist der Firmensitz jedoch auf der griechischen Seite von Zypern in Limassol beheimatet. Skandale sind mir persönlich keine bekannt. Es gab nur hin und wieder kleinere Vorkommnisse, von denen ein Credential Stuffing Incident noch zu den größeren gehört. Damals mussten alle User ihre Passwörter ändern und Adguard verbesserte die Sicherheit diesbezüglich. Heute prüft Adguard z.B. alle Passwörter gegen die Datenbank von „Have I Been Pwned“:

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(Die E-Mail-Adresse ist übrigens frei erfunden…)

Und man kann seinen Account zusätzlich mit 2FA schützen.

Aber nun zu meinen Ergebnissen:

(W/O bedeutet Internetspeed ohne VPN-Verbindung)

Von den Speedwerten war ich ehrlich gesagt überrascht. Gehört Adguard VPN damit doch zu den schnellsten Anbietern, die ich je getestet habe. Teilweise wurde auch der Upload komplett ausgereizt, was die Vermutung nahe legt, dass da sogar noch mehr Speed möglich wäre. International ist der Speed prinzipiell gut, nur manchmal laggen ziemlich weit entfernte Server merklich. Dafür gibt es aber auch Server wie die in Belgien, die in meinen Tests wahre Speedmonster waren. Und auch wenn ich wie üblich ein paar der Server auf Blacklisten gefunden habe, funktionierte der Zugriff auf Netflix und das Forum problemlos. Beim BBC iPlayer musste ich jedoch erst reconnecten, bis es dann aber auf den zweiten Versuch bereits problemlos funktionierte. Wieder mit exzellenten Speedwerten, dieses Mal natürlich des UK-Servers. Hier findet man übrigens eine Liste der unterstützten Streaming-Services und -Länder.

Überrascht war ich auch von den DNS-Servern, jedoch nicht nur in positiver Hinsicht. Schön ist, dass man in der Android-App, die übrigens keine Tracker enthält, in den Einstellungen einen DNS-Server wählen kann. Man hat hier die Wahl zwischen „normal“, ad-blocking, Familien-Filter und vielen weiteren DNS-Servern, auch von Drittanbietern. Man kann sogar seine eigenen Einträge hinzufügen. Ein Familienfilter leuchtet mir persönlich jedoch nicht ein. Denn da sich diese Einstellung nicht mit einem Passwort schützen lässt, ist deren Sinnhaftigkeit fraglich. In der Windows-App gibt es solche Funktionen hingegen nicht. Dafür passten die DNS-Server in den Leak-Tests erstaunlich häufig nicht zu den gewählten VPN-Locations.

Interessant finde ich in den Einstellungen der Windows-App die „Ausnahmen“ (in der Excel-Tabelle bezeichne ich das als „Selective Mode“):

So kann man eine Liste anlegen, die je nach Einstellung als White- oder Blacklist verwendet werden kann. In der Android-App gibt es hingegen mit den „App-Einstellungen“ eine Liste, in der man für jede App einzeln einstellen kann, ob diese über den VPN läuft oder nicht.

Dass der Service erst 2020 auf den Markt gebracht wurde, merkt man jedoch noch hier und da an manchen Stellen. Auf der Homepage sieht man zum Beispiel, dass die meisten Ressourcen ausschließlich auf den Adblocker Adguard verweisen bzw. diesen behandeln. Und in der App gibt es so grundlegende Fehler wie eine nicht funktionierende Serversuche:

Will man den Fehler melden, landet man übrigens immer wieder auf der Startseite der Homepage. Aber auch User des Adblockers Adguard haben es nicht sonderlich bequem, denn hier wird vom Kunden erwartet, dass er einen Bugreport in Github einstellt. Insgesamt ist der Support nicht gerade als „hoch verfügbar“ zu bezeichnen. So gibt es keinen Chat und der E-Mail-Support bittet per automatischer Antwort um Verständnis, dass die Bearbeitung der Anfrage 2 bis 5 Tage dauern wird.

Was ich recht schade finde, sind die fehlenden Verbindungsinfos in der Windows-App. Das sind alle Informationen, die angezeigt werden:

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Einen Adblocker hat man in der Windows-App übrigens nicht. Man kann aber natürlich gerne die Adguard-App installieren und auch zusätzlich bezahlen. A propos „bezahlen“: entgegen der Gepflogenheit anderer Anbieter gilt die Geld-zurück-Garantie von Adguard VPN nur für das Jahresabo, nicht für ein Monatsabo. Wer Adguard kostenlos nutzen will, der kann das auch tun. Es gibt eine Free-Version, die jedoch auf 3 GB Datenvolumen im Monat begrenzt und auf 20 Mbit/s gedrosselt ist.

Fazit: Der Speed ist überraschend gut und würde mir persönlich reichen. Nur die DNS-Server stimmen mich kritisch und der Support ist schlecht erreichbar und steht daher in dringenden Fällen nicht zur Verfügung. Auch die App macht noch einen unfertigen Eindruck. Selbst die Kontoinformationen sind nicht richtig synchronisiert. Richtig skeptisch wurde ich aber beim Lesen der „Privacy Policy“. Hier fühlt sich Adguard wohl EU-Recht verpflichtet und behauptet zwar, nur zum Betrieb eines VPN benötigte Informationen zu loggen, legt dies aber in meinen Augen recht weit aus. Abschnitte wie der folgende sind meines Erachtens zumindest diskussionswürdig:

Usage information. It is crucial for a VPN service to understand how much traffic you are using. That is why we collect data about how you interact with our services, how much traffic you’ve used, and for how long have you been using our services.

Und besonders spannend:

We retain Personal Data for as long as necessary to continue providing you with our products and services, or until you revoke your consent to share this information.

Quellen: ebenda

Insofern ist Adguard wohl in die Kategorie „durchwachsene Erfahrung“ zu stecken. Kein schlechter VPN-Service, aber auch noch weit vom Olymp der Anbieter entfernt. Und so einige Ecken und Kanten müssen sich noch rund lutschen. Mal sehen, wie sich der junge Service in den nächsten Jahren so entwickelt.

Ach ja, und noch ein Hinweis auf den Bezahlprozess. Man kann nur per Kreditkarte oder Paypal bezahlen. Und die Abwicklung erfolgt über eine Firma namens „Paddle“, die in folgenden Ländern Niederlassungen hat:

:uk: Paddle.com Market Limited: Judd House, 18-29 Mora Street, London, EC1V 8BT, United Kingdom
:ireland: Paddle Payments Limited: Core B, Block 71, The Plaza, Park West, Dublin 12, Ireland
:us: Paddle.com Inc: 3811 Ditmars Blvd, 1071, Astoria, NY 11105-1803, USA

Quelle: https://paddle.com/support/contact/

Nachtrag: fünf Tage nach meiner E-Mail an den Support habe ich leider noch immer keine Antwort erhalten. Zudem habe ich noch eine weitere Anfrage gestellt, die eine völlig idiotische Rückfrage enthielt: haben Sie den Client schon einmal neu installiert? Mit so einem schlechten Support und so langen Reaktionszeiten kann die Klärung einer Kleinigkeit Wochen (!) dauern. Völlig inakzeptabel!

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